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Der Irrtum mit der Kaufkraftparität

Wodurch entstehen Wechselkurse? Wechselkurse widerspiegeln den Wert von Produkten eines Landes (inkl Dienstleistungen) auf dem Weltmarkt. Verfälscht wird dies Zeitweise durch Wechselkursspekulationen, davon wollen wir aber hier mal absehen. Ein Mass für die zukünftige Entwicklung von Wechselkursen ist die Leistungsbilanz pro Kopf eines Landes: Importiert der Durchschnittsbewohner mehr als er exportiert (Waren, Dienstleistungen), wird die eigene Währung längerfristig abgewertet.

Reisende haben oftmals den Eindruck, dass einige Länder sehr teuer und andere sehr günstig sind, also muss da etwas mit den Wechselkursen nicht stimmen. Nun gut, würde etwas nicht stimmen, könnte man ja einfach Produkte von A nach B transferieren und somit Gewinn machen. Dieses Nichtstimmen nennt dies dann eine unter- oder überbewertete Währung. In meinen Augen ist da gar nichts unter oder überbewertet, denn sonst würde ja genau der oben genannte Mechanismus eintreffen.

Um die Unter/Überbewertung zu illustrieren wird oftmals der Big Mac Index herbeigezogen – wie viel kostet ein Big Mac in einem Land:

  • Schweiz: 6.81$
  • USA: 4.20$
  • Singapur: 3.75$
  • Ukraine 2.11$

Die Ukraine steht exemplarisch für viele Länder, die halt aus dem oben genannten Grund (Produktivität) einen schlechten Wechselkurs haben (eigentlich auch so die USA), und sich Big Macs nicht so einfach von A nach B transportieren lassen. Aber die wollen wir mal hier nicht berücksichtigen. Wir vergleichen nun die Länder CH, USA & SG exemplarisch.

Wie kann es also sein, dass ein Big Mac in Singapur fast halb so viel kostet wie in der Schweiz?

Die nun folgende Erklärung gilt übrigens nicht nur für den Big Mac, sondern ist eine, die ich im Ausland täglich mache um den Leuten zu illustrieren, dass die Schweiz  (und z.B. nordische Länder) nicht teuer, sondern einfach anders sind:

Singapur und USA kennen Tiefstlöhne, die Schweiz nicht!

Drei Fragen stellen sich:

  1. Was ist ein Tiefstlohn?
  2. Was hat dies mit dem Preis eines Big Mac zu tun?
  3. Was sind die Auswirkungen auf die Kaufkraftberechnung
Durchschnittslohn* Durchschnittsstundenlohn** Stundenlohn Mac Donald Minimal- zu Durchschnittslohn
Schweiz  70 350 $ 35.175 $ 18 $ 51%
USA  47 140 $ 23.75 $ 7.5 $ 32%
Singapur  40 920 $ 20.46 $ 4 $ 20%

* GNIPC

** bei 2000 Arbeitsstunden pro Jahr

Aus dieser Tabelle geht klar hervor, dass Singapur deutliche tiefere Löhne (gegenüber dem nationalen Durchschnittslohn) kennt.

Die Produktion eines Big Mac enthält viele Billigarbeitsstunden (Verkauf, Belegen, Restaurant putzen, Fleisch, …), deshalb ist seine Produktion in Singapur auch viel günstiger als in der Schweiz.

Qualitätsprodukte müssten andererseits hergestellt in der Schweiz deutlich günstiger sein; da Fachkräfte ein nicht so hoch über dem Durchschnittslohn angelegtes Salär beziehen.

Ein Normaltourist der die Schweiz besucht wird aber primär von Produkten aus dem Billiglohnsegment leben und deshalb die Schweiz als sehr teuer empfinden.

Die Unterschiede in der Kaufkraft beruhen auch darauf, das Länder unterschiedliche Lohnverteilungen kennen und der Warenkorb (e.g. Big Mac) stark Waren aus dem Massen/Billigwarensegment bevorzugt.

Schauen wir zum Schluss nochmals unseren Big Mac an:

Minimal- zu Durchschnittslohn Big Mac Min z. Durch. rel. USA Big Mac rel. USA
Schweiz 51 % 6.81 $ 159 % 162 %
USA 32 % 4.20 $ 100 % 100 %
Singapur 20 % 3.75 $ 62.5 % 89 %

Interessant, dass sich die unterschiedlichen Big Mac Preise schon durch die Unterschiedlichen Lohnstrukturen erklären lassen. Was wenn man noch weitere wichtige Unterschiede im Bereich Produktionsstandards und Bedingungen berücksichtigen würde?